Durchführung der Hauptverhandlung per Videokonferenz im Zivilverfahren

12/8/20
Zivilprozessrecht

Sachverhalt

Im Rahmen eines Zivilverfahrens vor dem Handelsgericht des Kantons Zürich wurde Ende Februar 2020 die mündliche Hauptverhandlung auf den 7. April 2020 angesetzt. Nach Ausbruch der Coronavirus-Pandemie ordnete das Handelsgericht die Durchführung dieser Hauptverhandlung per Videokonferenz mit der Smartphone-Applikation"ZOOM Cloud Meetings" an. Die Beschwerdeführerin beantragte beim Handelsgericht erfolglos die Absage der Hauptverhandlung und nahm an dieser in der Folge nicht teil. Das Handelsgericht hiess die Klage vollumfänglich gut. Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die Beschwerdeführerin beim Bundesgericht die Aufhebung des Urteils des Handelsgerichts und die Rückweisung der Sache zurrechts konformen Durchführung des Verfahrens. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde mit Urteil vom 6. Juli 2020 gut (4A_180/2020).

Begründung

Die ZPO konzipiert die Hauptverhandlung als mündliche Verhandlung im Gerichtssaal bei physischer Anwesenheit der Parteien und der Gerichtsmitglieder. Der Gesetzgeber hat beim Erlass der ZPO die elektronischen Kommunikationsformen bedacht, aber die Möglichkeit,mündliche Verhandlungen via Videokonferenz durchzuführen, verzichtet. Das Gesetz setzt für die elektronische Kommunikation mit den Parteien im Zivilverfahren grundsätzlich deren Einverständnis voraus.

Im Rahmen seines Entwurfs vom 26. Februar 2020 zur Änderung der ZPO schlägt der Bundesrat die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für die Abnahme gewisser Beweise per Videokonferenz vor. Dieser gesetzgeberischen Entwicklung soll nicht durch einen richterlichen Entscheid vorgegriffen werden. Der Umstand, dass es offenbar schwierig war, einen Termin für die Hauptverhandlung zu finden, ändert daran nichts. Gleiches gilt in Bezug auf das verfassungsrechtliche Beschleunigungsgebot (Art. 29 Abs. 1 Bundesverfassung). Ebenso wenig genügt die ausserordentliche Lage der Coronavirus-Pandemie als Grund für die Anordnung der Videokonferenz. Die bundesrätliche Verordnung über Massnahmen in der Justiz und im Verfahrensrecht im Zusammenhang mit dem Coronavirus (SR 272.81), welche unter gewissen Bedingungen eine Videokonferenz ermöglicht, trat erst am 20.April 2020 in Kraft, also nach der strittigen Hauptverhandlung vom 7. April 2020. Die Verordnung war deshalb in diesem Fall nicht anwendbar. Da die Anordnung der Videokonferenz unzulässig war, ging das Bundesgericht auf die Sicherheitsbedenken hinsichtlich der"ZOOM Cloud Meetings"- Applikation nicht weiter ein, die der Rechtsanwalt geltend gemacht hat.

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